Das Ressourcen-Canvas: Strategien entwickeln auf Basis innerer Ressourcen

Führung VUCA WELT / Von Ellena Werning

Im letzten Blogartikel https://www.werning-coaching.de/fuehrung-in-zeiten-von-digitalisierung-vuca-und-corona/ wurde eins herausgestellt: In Zeiten, in denen Umweltbedingungen und Märkte volatil sind und eine marktorientierte Strategieentwicklung an ihre Grenzen kommt, findet sich Stabilität vor allem durch den Blick nach innen.

Das folgende Ressourcen-Canvas, welches von mir aus dem bekannten Business-Model-Canvas abgeleitet wurde, bietet eine strukturierte Herangehensweise zu Ermittlung der eigenen internen Vision und Analyse der internen Ressourcen. Das Canvas zeigt 9 Schritte auf. Die ersten fünf beziehen sich voll und ganz auf das „Warum“ ihres Unternehmens und die daraus folgenden Ableitungen. Die Schritte 6-8 dienen der Analyse notwendiger und vorhandener Ressourcen. Im Schritt 9 können Sie darauf aufbauend Jahresziele festlegen, die Ihnen eine Orientierung bieten, was Sie dieses Jahr erreichen wollen.

Die folgende Grafik zeigt das Canvas im Überblick:

Ressourcen-Canvas.

Schritt 1:

Beginnen Sie mit Ihrem „Warum“? Je unsicherer die Umwelt, desto mehr Sicherheit bietet ein Verständnis dafür, warum Sie Ihr Business betreiben? Hintergrund des „Warum“ ist der Sinn ihrer Geschäftstätigkeit? Sie können sich hier fragen, warum es Ihr Unternehmen überhaupt gibt, wer davon einen Nutzen hat und warum Sie überhaupt tun, was Sie tun? Warum wollen Sie Kunden eine bestimmte Leistung anbieten? Ist Ihr einziger Sinn, damit Geld zu verdienen oder wollen Sie eine Lösung für bestimmte Probleme, die Ihre Kunden haben, bieten? Wollen Sie helfen, dass andere Unternehmen ihre Prozesse verbessern können oder das Leben ihrer Kunden vereinfacht oder verbessert wird. Je tiefer ihr Sinn und je tiefer die Überzeugung, dass Ihre Tätigkeit sinnvoll ist, desto einfach ist es sich selbst und auch ihre Mitarbeiter zu motivieren.

Schritt 2:

Was ist Ihre Vision? Denken Sie einmal groß! Visionen sind grob und bedürfen noch keiner Details. Sie bedürfen nicht einmal einer Vorstellung darüber, ob man diese erreichen kann. Je mehr Sie sich bei ihrer Vision einschränken, desto geringer werden Ihre Erfolge sein. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse zeigen deutlich, je klarer Ihre Vision ist, und je mehr Sie sich ausmalen können, was Sie einmal erreichen müssen, desto klarer werden Ihre Handlungen auf diese Vision hin ausgerichtet. Finden Sie eine Vision gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern. Klären Sie ihr Warum und „träumen“ Sie, was das Beste ist, was Sie sich vorstellen können. Lösungen werden sich nach und nach finden, wenn klar ist wohin der Weg gehen soll. Die Vision ist quasi ihr Wegbeginn. Je klarer das Ziel ist, desto deutlich wird auf dem Weg, welche Entscheidungen Sie treffen müssen, um ihrem Ziel näher zu kommen.

Schritt 3: Mission

Eine Vision muss greifbar werden. Dies geschieht über die Formulierung einer klaren Mission. In ihrer Mission formulieren Sie, was Sie tun werden. Formulieren Sie dies so greifbar wie möglich. Z. B. „Wir entwickeln die Technologien, die unsere Kunden zu Weltmarktführer machen.“ oder „Wir bieten das System, dass mobiles Arbeiten von überall auf der Welt ermöglicht.“ Formulieren Sie Aussagen ohne Konjunktive. Also nicht: „Wir möchten xy machen.“, sonder „Wir werden xy machen!“ Schreiben Sie Ihre Mission schriftlich nieder und sorgen Sie dafür, dass jeder Mitarbeiter ihre Mission nicht nur kennt, sondern mitträgt. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter mitgehen. Wenn Sie ein größeres Unternehmen sind, finden Sie die Multiplikatoren Ihrer Mission. Sie werden niemals alle mitnehmen können, aber Sie sollten diejenigen identifizieren, die offen sind für Neues und die andere überzeugen können. Motivieren Sie diejenigen, die wollen, dann folgen irgendwann auch diejenigen, die sollen. Zum Umgang mit Blockierer finden Sie in zwei Wochen einen Blogartikel zum Thema Reaktionen auf Change Management.

Schritt 4: Wirkungen

Schritt vier zielt darauf, dass Sie sich deutlich machen, wie Sie nach Außen wirken wollen und was Sie mit Ihrer Arbeit bei anderen bewirken. Welche Attribute kann ein Kunde oder ein anderer Stakeholder mit Ihnen verbinden? Qualitativ hochwertig, vertrauenswürdig, schnell, innovativ, sorgfältig? Welche Attribute wären wichtig, um ihre Vision zu verfolgen? Machen Sie sich deutlich, wie genau Sie wirken wollen. Fragen, die Sie sich stellen können ist:

  • Was bewirken Sie mit ihrer Arbeit?
  • Was haben andere von unserem Angebot?
  • Wie und mit welcher Botschaft erreichen wir unsere Kunden?

Machen Sie Ihre Mission also noch ein wenig konkreter und stellen Sie Ihre Kunden und deren Perspektive in den Vordergrund.

Schritt 5: Werte

Der Blick auf die Werte ist wiederum ein Blick nach Innen. Nachdem Sie nun festgelegt haben, welche Wirkung Sie bei Kunden erzielen wollen, ist die Frage, welchen Werten Sie selbst folgen. Was sind innere Werte, die Sie bei Ihrer Arbeit tragen? Innerer Werte sind das Fundament Ihrer eigenen Unternehmenskultur.

Welche Werte wollen Sie im Umgang mit Mitarbeitern leben? Erinnern Sie sich daran, dass ein top down Prinzip für Innovationen in VUCA-Umwelt nicht mehr zielführend sein kann. Das bedeutet, dass Ihre Mitarbeiter Freiräume haben müssen, um ihre Ideen weiterzuentwickeln. Es bedeutet, dass eine Fehlerkultur vorhanden ist, bei der Lernen möglich ist. Und es bedeutet eine Kultur der Wertschätzung und des gegenseitigen Respekts. Dynamisches Agieren in VUCA-Welten geht nur mit motivierten Mitarbeitern, nicht aber in Kulturen, in denen Machtspiele zur Tagesordnung gehören und jeder Fehler sanktioniert wird. Machen Sie sich also deutlich, wie Sie mit Ihren Mitarbeitern umgehen wollen, wie Sie Führung verstehen, wie Sie mit Kunden umgehen wollen?

Beachten Sie, hier wird nichts erzählt, was es nicht schon gab. Aber all diese Dinge haben keinerlei Wirkung, wenn Sie als Leitlinien herausgegeben werden, die niemand liest und an die sich auch kaum jemand hält. Deshalb sollten die Werte im Mittelpunkt ihres Handels stehen. Die ersten 5 Schritte sind wesentlich, um Ihre Vision Realität werden zu lassen.

Schritt 6: Schlüsselressourcen

Nachdem nun deutlich ist, was Sie machen wollen, warum Sie es wollen und wie Sie agieren wollen, stellt sich nun die Frage, welche Schlüsselressourcen für Ihr Unternehmen relevant sind. Ist es eine technische Ausstattung, ist es die Qualifikation oder stetige Weiterbildung ihrer Mitarbeiter, ist es eine bestimmte finanzielle Ausstattung oder sind es Kooperationen und Partnerschaften? Arbeiten Sie heraus, was aus Ihrer Sicht für das Erreichen Ihrer Vision wichtige Ressourcen sind.

Schritt 7: Kernkompetenzen

Richten Sie jetzt Ihren Blick auf Ihre Kernkompetenzen im Unternehmen. Was können Sie bereits besonders gut. Welche der unter Schritt 6 aufgelisteten Ressourcen ist bereits im Unternehmen vorhanden?

Fangen Sie an, die Grundlage eines Kompetenzmanagements aufzubauen.

  • Erfassen Sie, welche Qualifikationen und Erfahrungen ihre Mitarbeiter haben
  • Lassen Sie ihre Mitarbeiter selbst hinzufügen, wo Sie glauben, Experte zu sein und welche Fähigkeiten diese vielleicht noch besitzen, die Sie gar nicht kennen:
  • Erfassen Sie die Interessen Ihrer Mitarbeiter? Was würden diese gerne tun? Welche Rollen würden die Mitarbeiter selbst gerne in Bezug auf die Verwirklichung ihrer Mission spielen?
  • Welche technische, räumliche, personelle oder auch finanzielle Ausstattung ist in ihrem Unternehmen vorhanden.

Erfassen Sie anschließend, wo ein Gap zwischen Ihren Kernkompetenzen und den benötigten Schlüsselressourcen besteht. Machen Sie eine Liste, welche Kompetenzen oder Ausstattung Ihnen fehlt, um alle benötigten Schlüsselressourcen in ihrem Unternehmen zu haben.

Schritt 8: Kernaktivitäten

Nachdem die Ressourcen und Kompetenzen deutlich sind, die Sie für die Umsetzung Ihrer Vision brauchen, fragen Sie sich, welche Aktivitäten erforderlich sind, um ihrer Vision ein Stück näher zu kommen. Fragen, die Sie sich stellen können sind:

  • Was tun wir konkret, um unsere Vision zu verwirklichen? Wollen Sie neue Produkte entwickeln, wollen Sie an neuen Geschäftsmodellen oder Erlösmodellen arbeiten?
  • Welches Wissen werden wir uns aufbauen? Was können Sie noch nicht, sollten Sie aber können? Woher können Sie dieses Wissen erwerben.
  • Welche Partnerschaften/Kooperationen werden wir eingehen? Wo gibt es Dinge, für die Sie mit Ihren eigenen inneren Ressourcen keine Lösungen finden können? Wer könnte Ihnen dabei behilflich sein? Brauchen Sie Unterstützung durch beratende Institutionen wie z. B. die Kompetenznetzwerke oder brauchen Kontakte zu lokalen Start-up Welt? Können Ihnen Ihre Kammern wie IHK oder HWK weiterhelfen? Überlegen Sie, welche Netzwerke und Kooperationen wichtig sind.
  • Wie werden wir uns finanzieren? Können Sie die Finanzierung aus eigener Kraft übernehmen oder brauchen Sie Unterstützung durch Investoren oder Banken?

Schritt 9: Jahresziele

Nun geht es darum, auch wirklich in Aktion zu kommen. Schließlich dient das ressourcenorientierte Vorgehen dazu, aktiv den Markt zu gestalten und sich nicht abhängig von dessen Entwicklung zu machen.

  • Was sind Ihre konkreten Schritte, die Sie dieses Jahr umsetzen werden?
  • Woran werden Sie merken, dass Sie ihrer Vision näher kommen?
  • Wie definieren Sie Erfolg?
  • Was sind wesentliche Meilensteine?

Erfolge entstehen in kleinen Schritten. Je mehr kleine Erfolge Sie hier verzeichnen können, desto eher kommen Sie ihrer Vision näher. Sie werden zum Gestalter und nicht nur zum Abhängigen eines unüberschaubaren Marktes.

Hier erhalten Sie das Ressourcen-Canvas auch als download.

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