Bis auf einzelne Ausnahmen kommen sie immer mehr – die Corona-Lockerungen. Manch einer ist erleichtert, dass endlich wieder ein wenig Normalität eintritt, andere wiederum sind besorgt, dass diese Lockerungen zu früh kommen. Viele Unternehmen atmen auf, dass sie endlich wieder ‚loslegen‘ können. Doch wird wirklich wieder alles wie zuvor? Ist es überhaupt wünschenswert, dass es das tut?

Was wir aus der Corona-Zeit lernen können

Die letzten Wochen und Monate haben in vielen Unternehmen zu einer Veränderung der Arbeitswelt geführt. Das was in digitale Prozesse geändert werden konnte, wurde geändert, dort wo Homeoffice umsetzbar war, wurde es gemacht. Auch in der Doppelbelastung mit Home Schooling und Kontaktbeschränkungen zu Großeltern haben einige Familien das Homeoffice auch schätzen gelernt. Eltern und Kinder wuchsen zusammen. Der Alltag wurde geteilt und – was viele Chefs überrascht hat – es wurde trotzdem gearbeitet. Hochproduktiv sogar. Manches mal hieß es aus Reihen der Führungskräfte, man wundere sich wie gut alles liefe.

Jetzt alles also wieder ändern? Zurück zur alten Präsenzkultur? Manch einer mag sich das wünschen. Doch sei hier einmal klar gefragt: Warum eigentlich? Was steckt hinter dem Wunsch, dass alles so sein möge wie zuvor? Ist es die Angst, dem Neuen nicht gewachsen zu sein. Ist es die Sorge, dass alles irgendwie kompliziert wird? Vielleicht hilft hier ein Perspektivenwechsel: Hat nicht gerade die Krise uns jetzt einen bedeutungsvollen Schritt nach vorne beschert? Wäre es wirklich klug, diesen Schritt in eine neue Arbeitswelt rückgängig zu machen, um ihn später – und es gibt keinen Zweifel, dass dieses „später“ kommen wird – mühsam wieder aufzubauen?

Die Corona-Zeit hat Mitarbeiter in allen Branchen dazu gebracht, verschiedenste digitale Instrumente auszuprobieren. Nahezu jeder weiß nun wie eine Videokonferenz funktioniert. Es wurde probiert, wie Arbeitsaufgaben am besten digital verteilt und auch kontrolliert werden konnten. Meetings funktionierten vielerorts disziplinierter und wurden nur dann einberufen, wenn es wirklich notwendig war. Wir haben also in Sachen Digitalisierung einen weiten Schritt nach vorne gemacht. Mitarbeiter haben die Vorteile und Nachteile des flexiblen Arbeitens live erfahren und jeder der im Homeoffice war, konnte erfahren, wie viel Homeoffice für ihn oder sie gut ist und wie oft sich ein jeder lieber ins Büro zurückwünscht. Und auch Führungskräfte konnten erleben, welche Aufgaben gut virtuell zu verteilen sind und wo eine Präsenz zwingend notwendig ist.

Aufbauen auf den neuen Erfahrungen

Genau auf diesen Erfahrungen gilt es jetzt aufzubauen und Konzepte für eine neue Form der Zusammenarbeit zu entwickeln. Denn eines ist klar: Der Wille, Familie und Beruf zu vereinbaren, ortsunabhängig zu arbeiten und vielleicht sogar längere Zeit an anderen Orten zu verbringen, ist kein Trend, der sich umkehren lässt. Vielmehr gilt es jetzt herauszufinden: Wer ist welcher Typ Mitarbeiter? Wer arbeitet besser in Präsenz? Für wen ist es Stress, keine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu haben und für wen ist es gerade weniger Stress, wenn ein Teil der Arbeit auch von zuhause erledigt werden kann, womöglich zu selbst bestimmten Zeiten. Es gilt Arbeit zu individualisieren.

In Zeiten von Digitalisierung und VUVA-Welt gilt eines: Es braucht vor allem motivierte Mitarbeiter. Mitarbeiter, die Eigenverantwortung übernehmen und Führungskräfte, die lernen zu vertrauen und Mitarbeiter zu befähigen, eigenständig zu arbeiten. Wenn jetzt alles wieder zurückgenommen wird, was wir in den letzten Wochen an Erfahrung aufbauen konnten, wird dieser steile Lernprozess wieder zunichte gemacht.

In die Zukunft starten

Gerade jetzt ist es also an der Zeit, weiterzugehen. Genau jetzt kann die Zeit des Wandels genutzt werden, um Mitarbeiter darin zu bestärken, auch andere neue Wege auszuprobieren. Führung auf Distanz, Aufbau von selbstorganisierenden Teams als innovative Befruchtungseinheiten für die klassische Organisation mit Mitarbeitern, die genau diese Art von Arbeit schätzen gelernt haben, ist die Chance, die sich jetzt mehr denn je bietet. Wir brauchen Führungskräfte, die jetzt nach vorne gehen.

Es ist Zeit zu analysieren, wer in ihrer Organisation Expert, Achiever oder Catalyst ist. Wer ist ideal für die klassische Organisation und wer sind diejenigen, die Organisationen mit neuen Ideen voranbringen? Jedes Unternehmen ist gefragt herauszufinden, wie viel traditionelle Organisation gut und wie viel Agilität notwendig ist. Es ist ein Weg, bei dem niemand ganz genau sagen kann, wie er richtig ist. Aber es ist ein Weg, den jedes Unternehmen über kurz oder lang gehen muss. Erfolgreiche Unternehmen sind vorne mit dabei.

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