Was bedeutet die VUCA-Welt für Sie als Führungskraft?
Führung VUCA WELT / Von Ellena Werning
VUCA steht für ‘Volatility’, ‘Uncertainty’, ‘Complexity’ und ‘Ambiguity’. Durch die Digitalisierung und die Entwicklung neuer Technologien ist die Unternehmensumwelt ständig in Bewegung. Neue Technologien entwickeln sich in Hochgeschwindigkeit, die weltweite Datenmenge soll 2025 bei 175 Zetabyte liegen, was mehr als fünf Mal so viel ist wie noch 2018.[i] Dies ist vor allem auch mit dem Aufkommen des Internet of Things verbunden. Die schnelle Veränderungsgeschwindigkeit ist begleitet von viel Unsicherheit für Unternehmen und damit für Sie als Führungskraft.
Zum einen ist, wie im Blog „Digitalisierung, VUCA und jetzt auch noch Corona“ beschrieben wurde, unklar, welche neuen Wettbewerber in bestehende Märkte eintreten, welche Technologien aufkommen werden und welche sich durchsetzen werden. Dazu sind Akteure auf der ganzen Welt immer stärker miteinander vernetzt. Wettbewerb findet auch für mittelständische Unternehmen, die nicht im Ausland aktiv sind, mittlerweile international statt, da Online-Plattformen es ermöglichen, Waren oder Dienstleistungen von überall auf der Welt zu beziehen. Wissen erweitert sich ständig und auch dies unabhängig von nationalen Grenzen.
Einen Überblick über die für Ihr Unternehmen relevanten und stattfindenden Ereignisse zu behalten oder gar Prognosen anzustreben, was wo wann in welchem Kontext entsteht, ist schlicht weg nicht mehr möglich. Und selbst wenn Sie ein Ereignis klar absehen können, sind viele Entwicklungen mehrdeutig zu verstehen. Eine Strategie darauf aufzubauen wird immer mehr zur Herausforderung, insbesondere wenn der Versuch unternommen wird, dies als „One-Man-Show“ oder „One-Woman-Show“ zu tun. In einer VUCA-Welt reagieren Sie möglichst schnell auf das, was auf Sie zukommt oder Sie versuchen, die Welt auf ihre Weise zu beeinflussen. (siehe Blog 1)
VUCA bedeutet für Sie als Führungskraft also, dass Sie alleine kein Experte mehr für alle Themen sein können. Sie brauchen dafür Ihre Mitarbeiter und vermutlich sogar Kooperationen mit externen Partnern oder gar Mitbewerbern, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. VUCA bedeutet, zu kooperieren und zu kollaborieren. Dies wiederspricht dem allgemeinen Gedanken der closed-innovation wie es viele Unternehmen noch handhaben. Lösungen und Innovationen werden mit vorhandenen Mitarbeitern innerhalb des eigenen Unternehmens in einzelnen in sich geschlossenen Projekten entwickeln. Möglichst werden diese Informationen zudem geheim gehalten. Closed-Innovation bedeutet jedoch auch, keinen Raum für neues Wissen zu öffnen. Closed-Innovation ist häufig zu langsam in einer dynamischen Welt und baut auf begrenztes Wissen auf. Deshalb gehen neuere Konzepte von einer hohen Bedeutung des von Henry Chesbrough entwickelten Open-Innovation-Ansatzes aus.[ii] Wissen muss also zunehmend geteilt und Kompetenzen miteinander vernetzt werden. Entwicklungen sollten dadurch entstehen, dass jeder auf dem Wissen und Lösungen von anderen aufbauen kann.
Als Führungskraft ist es somit Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Ihr Unternehmen den dynamischen Anforderungen der Umwelt gewachsen ist. Die VUCA-Welt fordert von Ihnen ständige Flexibilität, was den Einsatz der richtigen Personen für die richtigen Aufgaben oder auch die Veränderung von Prozessen, die Nutzung und Entwicklung von Technologien und die Anpassung von Organisationsstrukturen betrifft. Um eine zukunftsfähige Weiterentwicklung sicherzustellen, sind Sie dafür zuständig, starre Korsette in Organisationen und Silodenken aufzulösen und zu beenden. Ihre Aufgabe ist es zukünftig, ihre internen Stärken und Wissensträger in Ihrem Unternehmen zu identifizieren (siehe Beitrag zum Ressourcencanvas) und einen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sich ihre Wissensträger intern wie extern vernetzten können, damit sie selbst die beste Entscheidung für ihre Aufgaben treffen können.
Welche Antwort gibt es also in einer VUCA-Welt für Führungskräfte? Die Antwort ist ebenfalls VUCA. Diesmal steht das Akronym jedoch für „Vision“, „Understanding“, „Clarity“ und „Agility“.
- Zunächst ist eine klare Vision hilfreich, um in turbulenten Zeiten besser klären zu können, welche Bedrohungen und welche Reaktionen oder Aktivitäten wichtig sind. Sie ist der hilfreiche Filter, um in der VUCA-Welt relevante Informationen ausfindig zu machen und gleichzeitig das Leuchtfeuer für Ihren zukünftigen Weg.
- Des Weiteren müssen Sie als Führungskraft „verstehen“. Das bedeutet, sich nicht auf das eigene Erfahrungs- oder Expertenwissen zu verlassen, sondern mit ihren Mitarbeitern gemeinsam zu überlegen, welche Schritte sinnvoll sind und ggf. auch zu reflektieren, ob der Weg, den Sie gerade verfolgen, der Richtige ist oder ob Sie den Kurs ändern müssen.
- Der dritte Punkt ist Klarheit. Gerade in einer chaotischen Umgebung ist es wichtig, dass Sie als Führungskraft einen Sinn in den Aktivitäten sehen und eine klare Richtung vorgeben. Ihre Klarheit ist der Ruhepunkt für alle, die Lösungen in einem turbulenten Umfeld entwickeln müssen.
- Und der letzte Punkt ist Agilität. Mit Agilität ist hier keinesfalls einfach Schnelligkeit gemeint, vielmehr ist damit eine Haltung angesprochen. Es bedeutet für Kommunikation innerhalb und außerhalb der Organisation zu sorgen, damit vorhandene Lösungen schnell adaptiert werden können. Es bedeutet auch, die Unternehmenskultur entsprechend auszurichten.[iii]
Die VUCA-Welt führt zu einem anderen Führungsverständnis und auch dazu, die eigene Rolle im Unternehmen kritisch zu hinterfragen. Die VUCA-Welt braucht VUCA-Leader.
[i] (vgl. Statista 2020. Online: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/267974/umfrage/prognose-zum-weltweit-generierten-datenvolumen/ (Abruf 06.05.2020).
[ii] Chesbrough, H. (2003): Open Innovation: The New Imperative for Creating and Profiting from Technology. Harvard Business School Press.
[iii] Lawrence, K. (2013): Develop Leaders in a VUCA Environment. Online: http://laszlo-zsolnai.net/sites/default/files/3/documents/Reading%203%20Developing-leaders-in-a-vuca-environment.pdf
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